ArKoNaVera – Überregionales Artenschutzkonzept für Flussperlmuschel und Malermuschel

Malermuschel (Unio pictorum) und Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) waren früher häufige Großmuschelarten in unseren Gewässern. Aufgrund des andauernden rapiden Rückgangs sind sie heute gefährdet (Malermuschel) oder vom Aussterben bedroht (Flusspermuschel). Das Projekt „ArKoNaVera“ entwickelt Konzepte, die zu einem sich selbst erhaltenden Bestand dieser Großmuschelarten führen sollen.

Flussperlmuschel-Nachzucht im Käfig. Foto: Thomas Schiller

Flussperlmuschel-Nachzucht. Foto: Thomas Schiller

Triebelbach Sächsisches Vogtland. Foto: Thomas Schiller
Großmuscheln waren in Deutschland noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den Ober- und Mittel­läufen von Fließgewässern in hohen Dichten vertreten. Seit dem 17. Jahrhundert spielte die Perlfischerei bei der Flussperlmuschel eine bedeutende Rolle. Heute sind die wenigen noch vor­handenen rezenten Bestände aufgrund fehlender Reproduktion häufig stark überaltert, in ihrem Vorkommen isoliert und daher häufig genetisch verarmt. Großmuscheln, wie die Flussperlmuschel und Malermuschel, gehören nicht nur deutschland-, sondern auch weltweit zu den stark gefährdeten und vom Aussterben bedroh­ten Arten und sind daher als Verantwortungsarten von besonderem nationalen Interesse. Die bisherigen regionalen Projekterfahrungen belegen den Bedarf für ein überregionales Gesamtkonzept zur Sicherung der Großmuschelarten in Deutschland.

Projektziel

Das Ziel des Verbundvorhabens ist die Stabilisierung von Populationen der bedrohten Flussperl- und Malermuschel sowie die Wiederherstellung ihrer Selbst­reproduktion und der genetischen Diversität. Durch die Entwicklung und Anwendung eines auf einer Großmuschel-Datenbank basieren­den professionellen Entscheidungshilfewerkzeuges werden geeignete Habitatgewässer identifiziert. Anschließend wird mit einem Decision Support System analysiert, mit welchen Maßnahmen und Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht oder nur bedingt geeignete Habitate so optimiert werden können, dass Großmuscheln erfolgreich überleben und reproduzieren können. Die daraus resul­tie­ren­de Umsetzung von Maßnahmen erfolgt in Pilotregionen, in welchen Best-Practice-Beispiele für die Bestandssicherung der Großmuschel-Populationen und Methoden zur Evaluierung der Maß­nahmen erarbeitet werden. Diese Beispiele werden in Niederbayern, im sächsischen Vogt­land sowie im Hotspot der Biolo­gi­schen Vielfalt Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaften umgesetzt.

Projektschwerpunkte und Teilziele

(1) Zur Analyse, Bewertung und Lösung der sehr komplexen Gefährdungsursachen von Flussperl- und Malermuschel wird das dezentrale Expertenwissen in  einer Großmuschel-Datenbank zusammengefasst und validiert

(2) Experimente im Labor- und Mesokosmosmaßstab zur Klärung offener Fragen (z. B. Temperaturtoleranz, Eigenschaften verschiedener genetischer Linien, Nahrungspräferenzen verschiedener Lebensstadien der Muscheln)

(3) Ermittlung  von Schwellenwerten für biotische und abiotische Kriterien zur Definition der ökologischen Nische der juvenilen und adulten Muscheln für das Entscheidungshilfewerkzeug

(4) Identifizierung von geeigneten Pilothabitaten mit Hilfe des Entscheidungshilfewerkzeuges

(5) Identifizierung und Planung effizienter Maßnahmen zur Habitatoptimierung

(6) Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung mit dem Ziel sowohl Anreizsysteme als auch Akzeptanz für die Umsetzungsmaßnahmen zum Schutz der kulturhistorisch bedeutenden Arten zu entwickeln

(7) Umsetzung der Maßnahmen in Pilotregionen

(8) Entwicklung und Optimierung von Strategien zur Durchführung von Nach- und Aufzucht von Flussperl- und Malermuschel

(9) Käfigbesatz in Pilothabitaten mit Jungmuscheln aus der Nach- und Aufzucht (Bioindi­kation auf Individuenebene)

(10) Entwicklung und Umsetzung des Konzepts des halbnatürlichen Populationsverbundes zur Wiederherstellung von Konnektivität und Genaustausch der derzeit stark fragmentierten Restpopulationen

(11) Besatz der als geeignet identifizierten Habitate mit entsprechenden genetischen Linien von Flussperl- und Malermuschel aus Nach- und Aufzucht

(12) Bestandsmonitoring (auf Populationsebene)

(13) Evaluierung der Gesamtmaßnahmen

(14) Erarbeitung eines neuen Artenschutzkonzeptes für Großmuscheln inklusive der Richtlinien für die Habitatidentifizierung, den Populations-/Biotopverbund und das Bestandsmonitoring.

Die Verbundpartner

Forschungspartner

Die Technische Universität Dresden ist verantwortlich für die Gesamtkoordination des Verbundvorhabens, übernimmt die wissenschaftliche Begleitung der Umsetzungsmaßnahmen durch die Entwicklung und Etablierung einer Großmuschel-Datenbank und eines Entscheidungshilfewerkzeuges sowie die Durchführung von Mesokosmenexperimenten und entwickelt ein neues Artenschutzkonzept für die Flussperl- und Malermuschel.

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Magdeburg entwickelt neue Methoden zur Charakterisierung der Nahrungsressourcen der Jung­muscheln und entwickelt Methoden zum Bestandsmonitoring der Großmuscheln.

Die Technische Universität München etabliert genetische Marker für die Malermuschel, identifiziert  Flussperl- und Malermuscheln genetisch in der Nachzucht, Auswilderung und im Bestand der Projekt-Einzugsgebiete.

Das Fraunhofer-Zentrum für internationales Management und Wissensökonomie (MOEZ) führt Kosten-Nutzen- und Stakeholder-Analysen in den Einzugsgebieten der Groß­muschel-Gewässer durch.

Umsetzungspartner

Der Landkreis Passau (stellvertretend für die Trägergemeinschaft „Rettung der Flussperlmuschel in Niederbayern") setzt sich für die Rettung der Flussperlmuschel in Niederbayern ein, bei gleichzeitiger Sicherstellung der gene­tischen Variabilität und optimiert die halbnatürliche Aufzucht der Flussperlmuscheln. Aufbau und Betrieb einer professionellen Muschelzuchtstation, Lieferung von Jungmuscheln zur Bestandsstützung und Wiederbesiedlung, Optimierung und Verifizierung des Entscheidungshilfewerkzeugs in der Praxisanwendung.

Die sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt (Naturschutzfonds) ist für das  Flächenmanagement in Pilotregionen der Einzugsgebiete der Großmuscheln sowie die regionale und überregionale Öffentlich­keits­arbeit zuständig.

Das Landratsamt Vogtlandkreis beteiligt sich an der halbnatürlichen Nachzucht der FPM sowie Planung, Initi­ierung und Um­set­zung lebensraum­verbessernder Pilotmaßnahmen an den sächsischen Perlmuschel- und geplanten Auswil­derungs­gewässern.

Die Gesellschaft für Wasserwirtschaft, Gewässerökologie und Umweltplanung (WAGU) erfasst und modelliert Hydraulik und Geschiebetransport in den Fließgewässern und plant die Maßnahmen zur Reduktion von Sediment­einträgen in Muschelgewässer und übernimmt die Softwareimplementierung des Entscheidungshilfewerkzeugs.

Projekt-Steckbrief

Förderung auf der Basis der Bekanntmachung des BMU und des BMBF zur Förderung von Forschungsvorhaben zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt.
zur Bekanntmachung

Förderschwerpunkt: Verantwortungsarten

Bundesland: Sachsen, Bayern

Laufzeit: 01.06.2015 – 30.04.2021

Gesamt-Finanzvolumen: 6.066.752€ 

davon finanziert durch BMBF: 2.830.000 € 

davon finanziert durch BMU/BfN: 2.443.198 €

Verbundpartner: Technische Universität Dresden (Verbundkoordination, Forschungspartner), Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH (UFZ) (Forschungspartner), Technische Universität München (Forschungspartner), Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie (MOEZ) (Forschungspartner), Landkreis Passau (Umsetzungspartner), Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt (Umsetzungspartner), Landratsamt Vogtlandkreis (Umsetzungspartner), Gesellschaft für Wasserwirtschaft, Gewässerökologie und Umweltplanung (WAGU GmbH) (Umsetzungspartner)

Fördergeber: gemeinsam gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) [Forschungspartner] sowie durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und nukleare Sicherheit (BMU) [Umsetzungspartner]

Webseite: www.flussmuscheln.de

Ansprechpartner im Auftrag des BMBF

Dr. Rainer Sodtke
Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.
Umwelt, Kultur, Nachhaltigkeit
Heinrich-Konen-Str. 1
53227 Bonn

Tel:  0228 3821 1561
E-Mail: rainer.sodtke@dlr.de

Ansprechpartnerin im Auftrag des BfN:

Dr. Christelle Nowack
Programmbüro des Bundesprogramms Biologische Vielfalt
im DLR Projektträger
Heinrich-Konen-Str. 1
53227 Bonn

Tel: 0228 3821 1661
E-Mail: christelle.nowack@dlr.de